„Wir sind jetzt ein noch stärkeres Team!“, freut sich Oskar Gostkowski aus der 7b. „Und ich habe nun keine Angst mehr vor Mobbing, denn wir haben gelernt, was man in einer starken Klassengemeinschaft dagegen tun kann.“ Insgesamt jeweils an zwei Tagen ging es für die 7a und die 7b raus aus der Schule ins JUK-Haus. Unter dem Titel „Team gegen Täter“ bewältigten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern Gruppenaufgaben unter Anleitung der Heilpädagogin Susanne Behrendt. Es galt zum Beispiel, einen reißenden imaginären Fluss mit Krokodilen zu überqueren ohne das Wasser zu berühren. Die zur Verfügung gestellten wenigen „Steine“ mussten in Absprache zwischen Team und gewähltem Teamleiter gut eingesetzt werden. Kein leichtes, aber zum Schluss erfolgreiches Unterfangen. Großer Beliebtheit erfreute sich auch das Spiel mit dem alten Kapitän, der zwar sprechen, aber nicht hören konnte. Ihm zur Seite stand sein Steuermann, der zwar hören konnte, jedoch blind war. Je eine Schülerin oder ein Schüler der Klasse übernahmen die Rollen. Der Rest der Klasse musste als Leichtmatrosen durch Handzeichen dem alten Kapitän die Richtung weisen, die der alte Kapitän seinem blinden Steuermann ansagen konnte. Der Steuermann hatte dann die Aufgabe einen Schatz zu finden. Besonders wichtig war es, den Steuermann behutsam durch die wilde See zu lotsen. Dieses Spiel sprach beide Klassen unwahrscheinlich an. Es stellte sich als sehr teamfördernd heraus, weil man sich nahezu wortlos miteinander verständigen und das Ergebnis einem blinden Steuermann mitteilen musste. Dies wiederum verlangte ihm viel Vertrauen zu seiner Mannschaft ab. Neben diesen erlebnispädagogischen Prozessen lernten die Schülerinnen und Schüler und ihre Klassenlehrer viel über Mobbing, wie es beginnt, welche Auswirkungen und strafrechtliche Folgen Mobbing haben kann und welche Möglichkeiten es gegen Mobbing gibt. „Zum Schluss hat jeder ein Plakat mit einem Foto von sich erstellt und dargestellt, wofür er oder sie sich in Zukunft einsetzen möchte, damit sich jeder in der Klassengemeinschaft wohl fühlt“, erzählt Eldin Tabakovic aus der 7a ganz stolz und betrachtet die Bilder, die nun den Klassenraum schmücken.
Einen anderen Zugang wählte Susanne Behrendt mit den Schülerinnen und Schüler aus der 9e. „Corona hat den Jugendlichen zusätzlich zu der Pubertät ein zweites Päckchen auferlegt“, sorgt sich Klassenlehrerin Heike Blume. Behutsam mit Gesprächen und Fragen zur Selbstreflexion schuf Susanne Behrendt im JUK-Haus eine Atmosphäre außerhalb des Schulhauses, in der die Schülerinnen und Schüler sich öffnen und einen empathischen Zugang zu sich selbst und ihren Klassenkammeraden finden konnten: Wie geht es mir in dieser Zeit? Was wünsche ich mir? Was bereitet mir Probleme und wo kann ich Unterstützung annehmen? Vom passiven „Ertragen“ der Situation konnten sie einen Weg ins aktive „Handeln“ finden und stehen der Situation nun nicht mehr machtlos gegenüber.
Die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer der drei Klassen und die Sozialarbeiterin drückten am Ende des Projektes auch noch einmal die Schulbank. Und weil das im Lockdown kurz vor den Weihnachtsferien nicht mehr anders ging, wurde das Ganze von Susanne Behrendt als Webinar abgehalten: Auch die Lehrkräfte waren begeistert, einmal in die Selbstreflektion gehen zu können: Welche Haltung habe ich im Umgang mit meinen Schülerinnen und Schülern? Kann ich sie verändern? Was ist wichtig für eine gute Beziehung zu meinen Schülerinnen und Schülern?
Die Veranstaltungen wurden aus dem Aktions- und Initiativfonds der Partnerschaft für Demokratie Ahlen „Demokratie leben! Eine Idee vom Glück“ gefördert, einer Kooperation der Stadt Ahlen, AWO Ruhr-Lippe-Ems und des Bürgerzentrums Schuhfabrik.
„Wir sind dankbar, dass das Projekt im Rahmen des Programms `Demokratie leben` möglich wurde, es fügt sich ein in unser Anti-Mobbing-Konzept, das im Wesentlichen durch drei Dinge getragen ist: Prävention, Klarheit und Stärkenorientierung“, freut sich Frauke Hantel-Laufenberg, die Didaktische Leiterin der Städtischen Gesamtschule.